Anhörung Trinkwasser im Umweltausschuss des Sächsischen Landtages

Am 22.05.2015 fand eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum Thema Trinkwasser im Rahmen einer Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft des Sächsischen Landtages statt.

Gudrun Stein, Vorsitzende unserer Stadtratsfraktion, hielt dort folgenden Gutachtervortrag:

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, werte Gäste

Grundsätzlich ist festzustellen, dass in der BRD Trinkwasser nicht als Handelsgut sondern als Nahrungsmittel betrachtet wird.

Die öffentliche Wasserversorgung erfolgt meist regional und in der Mehrzahl über die Kommunen.

Die garantierte und zunehmende Nachfrage weckte auch das Interesse von Großkonzernen wie RWE, Vattenfall, Veolia und anderen Konzernen.

Durch den UNESCO Trinkwasserreport 2003 entstanden höhere Qualitätsstandards in der Wasserversorgung. In der BRD kam es in den Jahren 20102013 zu einer Novellierung der Trinkwasserverordnung, die zu einer Verschärfung der Güteanforderungen an Trinkwasser und damit zur Kostenvervielfachung in den Wasserwerken führte und somit kein rentables Betreiben mehr gewährleistet werden konnte.

An den Tagebaurändern mussten und müssen wegen Überschreitung zulässiger Schadstoffwerte, Wasserwerke außer Betrieb gehen.

Die Daseinsvorsorge unserer Bevölkerung gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Politik und des Staates. Ohne Trinkwasser ist kein Leben möglich. Im Braunkohleplan des Tagebau Nochten 1994 steht unter Ziel 9 geschrieben „Die Sicherung der öffentlichen und privaten Wasserversorgung in Menge und Güte ist für die Dauer der bergbaulichen Auswirkung auf das Grundwasser zu gewährleisten.“ Erst in der Fortschreibung 2013 wird konkret auf die Situation in der Region Weißwasser eingegangen.

Dieses Dokument wird vom Oberbergamt geprüft und zugelassen und nicht durch die betroffenen Kommunen. Damit liegt die Verantwortung beim SOBA als nachgeordnete Institution der Staatsregierung.

Die Wasserversorgung in unserer Region besteht aus drei Säulen, wie bereits durch den OB der Großen Kreisstadt Weißwasser ausgeführt wurde.

Daraus folgt, dass die TW – Versorgung für ca. 35.000 EW im Gebiet des Trinkwasserzweckverbandes neu strukturiert werden muss.

Das betrifft hauptsächlich die Einwohner aber auch beispielsweise über 100 Gewerbetreibende und Wirtschaftsunternehmen vom Kleinunternehmer bis zum größeren Mittelstand in Weißwasser, die ca. 40 % des Wasserbedarfs verbrauchen.

Was heißt das konkret für die Wirtschaftsentwicklung in unserer Stadt, wenn die Wasserpreise , so wie geplant bis um 27% des derzeitigen Arbeitspreises steigen könnten?

  1. Verteuerung der betrieblichen Herstellungskosten und der produzierten Erzeugnisse und damit Verschlechterung der Absatzmöglichkeiten
  2. Verringerung des Personals also Entlassungen
  3. Schließung von Betriebsstätten oder Auslagerung der Produktion ins nahe gelegene Ausland
  4. weiterer Wegzug von jungen Menschen, die keine Arbeit finden
  5. Verschärfung der demografischen Zusammensetzung der hier lebenden Bevölkerung

Unsere Region hat einen zweiten Strukturwandel zu bewältigen, der viele Nachteile für die Bürger der Region gebracht hat. Durch Herrn Schwarzkopf wurde diese Problematik erörtert.

Eine Neuansiedlung von Unternehmen wird immer schwieriger, Erhöhung der Wasserpreise wirken kontraproduktiv.

Solche Beeinträchtigungen wie beispielsweise Lärm- und Immissionsschutz oder Verkehrsanbindungen werden immer wieder durch die Große Kreisstadt Weißwasser in Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belage zu Rahmenbetriebsplänen dem Sächsischen Oberbergamt mitgeteilt.

Die Berücksichtigung der Stellungnahmen der betroffenen Kommunen besonders der Stadt Weißwasser ist als sehr differenziert zu bewerten.

Nach interner Information der Stadträte durch die Stadtwerke zur Problematik der Kündigung der Trinkwasserversorgung wurden verstärkt Initiativen durch Stadträte entwickelt, um ihre Verantwortung für die Einwohner der Stadt wahrzunehmen.

 

Aktivitäten der Stadträte :

  • Im Rahmen der Bürgerbeteiligung erfolgten Zuarbeiten zum LEP, auch zur Trinkwasserversorgung, die keine Berücksichtigung fanden.
  • Durchführung von Informationsveranstaltungen zum Thema zur Gefährdung des Weiterbetriebes von Wasserwerken infolge bergbaubedingt hoher Sulfatkonzentrationen im Rohwasser und aktive Teilnahme an Fachdiskussionen zum Thema Chancen und Risiken der Veränderung der Lausitz infolge des Grundwasseranstieges in den Jahren 2013 und 2014
  • Entsprechend der Bitte des OB von Weißwasser im Stadtrat, wurden die Landtagsfraktionen der dem Stadtrat angehörigen Parteien um Unterstützung gebeten, um Lösungen zu finden, die nach dem Verursacherprinzip zu finanzieren sind und nicht auf Kosten der Bürger gehen.
  • Außerdem erfolgten durch Stadträte Gespräche mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten, die in unserem Wahlkreis Verantwortung tragen, um sich dafür einzusetzen, dass die prekäre Situation der weiteren Trinkwasserversorgung kostenneutral für die Bürger gelöst wird.
  • In den Veranstaltungen 2013 wurde gemeinsam mit den teilnehmenden Bürgern die Idee geboren, Unterschriften für eine Petition an den Landtag zu sammeln und dazu alle Möglichkeiten zu nutzen , um mit Einwohnern ins Gespräch zu kommen.
  • Am 30.01.2014 erfolgte die Übergabe der ersten Listen an den Petitionsausschuss .des Sächsischen Landtages.

Durch die Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag wurde am 10.03.2015 der Antrag zur Gewährleistung der ortsnahen Trinkwasserversorgung und zur     Nichtabwälzung der Bergbaufolgekosten auf die Bevölkerung eingebracht, der     heute behandelt wird.

Wegen meiner Verantwortung als Bürgerin und Stadträtin in Weißwasser habe ich mich von Anfang an mit an die Spitze der Aktion zur Einreichung der Petition zur Problematik neue Trinkwasserleitung an den Sächsischen Landtag,  verbunden mit einer Unterschriftensammlung an den Sächsischen Landtag gestellt.

Im Januar 2014 übernahm ich die Aufgabe, als Petitin in dieser Sache zu wirken.

Die eingebrachte Petition hat bis heute keine abschließende Beantwortung nach § 41 Verwaltungsverfahrensgesetz erhalten. Wenn ich heute vor diesem Gremium spreche, dann ist das insbesondere der Tatsache geschuldet, dass die Zeit für die Findung einer bürgernahen Lösung äußerst knapp ist.

Im Trinkwasserzweckverband erfolgt erst jetzt die Ausschreibung der Bauleistungen  der Baumaßnahme für die Nordleitung WSW-Boxberg. Der Baubeginn verzögert sich.    Das Sächsische Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft lehnte im Februar 2015 das von der Sächsischen Aufbaubank ins Gespräch gebrachte zinsgünstige Darlehen mit 0,2% Zinsen ab.

Als besorgte Petitin habe ich deshalb den Petitionsausschuss in weiteren Schreiben auf diese Situation aufmerksam gemacht. Zum anderen sehe ich es heute als durchaus notwendig an, neben dem Recht zur Petition nach Art. 35 Satz 1 Sächsische Verfassung noch andere Lösungsschienen zu verfolgen.

Das ist vor allem die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit, angefangen von den kommunalen Räten bis zum Sächsischen Landtag und dem Bundestag. 

In diesem Zusammenhang begrüße ich die Initiative von Bürgern, die mit ihrer Facebook-Aktion eine noch breitere Protestbasis bei Bürgern unserer Region erreichten.

Der offene Brief an den Ministerpräsidenten Herrn Tillich war eine weitere Aktivität von Bürgern .

Ich begrüße auch die Wortmeldung des Landrates des Landkreises Görlitz, Herrn Lange, von Anfang März dieses Jahres.

Entsprechend den aktuellen Informationen kann man feststellen, dass es berechtigten Anlass zur Hoffnung auf eine faire Lösung des Trinkwasserstreites geben kann.

Jetzt gilt es, bis zum Vorliegen verbindlicher Finanzierungszusagen die Gespräche mit Land und Bund fortzusetzen und konstruktiv zu begleiten.

Abschließend möchte ich allen Bürgern der Region danken, die sich auf verschiedene Art und Weise engagiert haben und sich so für die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser ohne Mehrkosten einsetzen. 

Ich danke für die Aufmerksamkeit !

 

Gudrun Stein

 

Fraktionsvorsitzende DIE LINKE

im Stadtrat Weißwasser

Weitere Einzelheiten und die Vorträge der anderen Gutachter finden sie HIER.