Fragen zum Abwahlverfahren eines Finanzbürgermeisters (Beigeordneten)

In der Repräsentativen Demokratie werden Sachentscheidungen im Gegensatz zur direkten Demokratie nicht unmittelbar durch das Volk selbst, sondern durch dessen Repräsentanten getroffen. Diese werden gewählt und entscheiden dann eigenverantwortlich.

Das spielt sich ebenso im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung ab. Da die Bürger die tatsächliche Verwaltung kommunaler Angelegenheiten mit den Wahlen vollständig an seine gewählten Vertreter abtreten, haben sie auf beschließender Ebene keine Möglichkeiten zur Einflussnahme auf sachliche Entscheidungen. So besteht die Gefahr, dass die Selbstverwaltung der Bürger letztlich zu Gunsten von Einzelinteressen erfolgt.

Im Interesse direkter Demokratie sind also Kontrollverfahren über die gewählten Repräsentanten notwendig. Das sind einerseits Öffentlichkeit, Rechenschaft und Information sowie andererseits Einwohnerantrag, Bürgerentscheid und auch die vorzeitige Abwahl von Repräsentanten.

Wer bei Google „Abwahl Beigeordneter“ eingibt, erhält 138.000 Ergebnisse. Ein so seltenes Verfahren scheint die Abwahl eines Beigeordneten und Finanzbürgermeisters im kommunalen Bereich doch nicht zu sein. Sie ist ein Prozess der Ausübung von direkter Demokratie. Es lohnt sich schon bei WIKIPEDIA unter Demokratie etwas zu stöbern.

Auch die Sächsische Gemeindeordnung sieht im § 56 für Sachsen das Abwahlverfahren vor. Über die Abwahl eines Beigeordneten gibt es folgende Verfahrensvorschriften:

·         Schriftlicher Antrag auf Abwahl von mindestens der Hälfte der Mandatsträger.

·         Beschlussfassung über die Abwahl in einer besonderen Sitzung des Rates. Über die Abwahl ist zweimal zu beraten und abzustimmen.

·         Namentliche Abstimmung. Der Beschluss bedarf der Zweidrittelmehrheit.

Damit hat der Gesetzgeber hohe Hürden für die Antragsteller vorgesehen. Diese sollen gewährleisten, dass der Repräsentant die Möglichkeit zum Disput hat. Die zweimalige Beratung mit entsprechender Beratungspause soll Gelegenheit zu freien Meinungsbildung geben. Der Antragstellen muss die übergroße Mehrheit der Mandatsträger von seinem Antrag überzeugen. In der Regel wird die Beschlussfassung geheim durchgeführt, damit sich die Abstimmenden nur ihrem Gewissen verpflichtet fühlen müssen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zeitlicher Verlauf des Abwahlverfahrens in Weißwasser:

·         Ende November Antrag auf vorzeitige Beendigung der Amtszeit von Finanzbürgermeister Ronald Krause durch die Fraktion „Klartext“ des Stadtrates.

·         31. November 2011 Beschluss des Stadtrates zur Einleitung des Abwahlverfahrens,

·         14. Dezember 2011 erste Sitzung im Abwahlverfahren, (Ergebnis: 19 von 26 Räten befürworten die vorzeitige Beendigung der Amtszeit).

·         25. Januar 2012 zweite Sitzung im Abwahlverfahren, (Ergebnis: 19 von 26 Räten beschließen die vorzeitige Beendigung der Amtszeit).

Das Verfahren entsprach also den demokratischen Spielregeln. Jedoch in keiner der drei Ratssitzungen stellte sich der Finanzbürgermeister dem Disput im Forum. Soviel also zur Achtung dieser Form der direkten Demokratie durch Herrn Krause. In der Person des  Finanzbürgermeister hatte sich die repräsentative Demokratie vielleicht doch schon etwas entfremdet.

Siehe Presseerklärung der Fraktion der Partei DIE LINKE im Stadtrat der Großen Kreisstadt Weißwasser